Interpellation Lichtverschmutzung 25. Oktober 2023
Sehr geehrter Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren,
besten Dank für die ausführliche, detaillierte Beantwortung der Interpellation «Lichtverschmutzung wirksam bekämpfen und Energie sparen».
- Ja, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung gilt es sehr ernst zu nehmen. Das zeigten nicht zuletzt Reaktionen auf die Verdunkelungszeiten während der Corona-Zeiten. Ich fühle mich auf dem Bahnhof Amriswil sicher, weil er gut ausgeleuchtet ist.
- Ja, es ist offensichtlich und erfreulich, dass fortlaufend auf dimmbare und einzeln schaltbare LED-Leuchten umgestellt wird, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen. Das Energie sparen beginnt sich in Zusammenhang mit den steigenden Strompreisen zu lohnen.
- Ja, es gilt sorgfältig hinzuschauen, wenn es sich abzeichnet, dass «Nachtdunkelheit gegen Bundesrecht» verstösst.
Und doch macht die Antwort des Regierungsrates etwas unruhig. Es wirkt teilweise, als ob alles im Grünen ist. Dass sich die nach oben gerichteten Lichtemmissionen zwischen 1994 und 2020 verdoppelt haben und sowohl viele Tiere und Menschen zunehmend stören, plagen, beeinträchtigen, scheint nur bedingt auf dem Radar zu sein.
Ergänzend ist es mittlerweile offensichtlich, zum Beispiel in Zusammenhang mit dem Flugverkehr: Verhaltensänderungen geschehen frustrierend langsam. Auch beim Licht gilt: Der Sofortgewinn beim beleuchteten Plakat oder dem freundlich, hellen Platz ist so gross, dass mittel- und langfristig erreichbare Ziele oft aus dem Blick fallen. «Nächste Weihnachten gibt es wieder Beleuchtung» - in mehr als einer Stadt wird das umgesetzt werden, weil es die Konsumstimmung ankurbelt.
In diesem Zusammenhang irritiert es, dass es bei der Beantwortung der Frage 1 heisst: «Der Regierungsrat sieht seitens Kanton keine «… allgemeine Sensibilisierung der Bevölkerung vor». Kann erwartet werden, dass eine Gemeinde hier als «Verantwortungsträger» Initiative ergreift. Braucht es da nicht ein koordiniertes Vorgehen?
Eine besondere Chance sehe ich dabei im Sensibilisieren und Einflussnehmen über Förderbeiträge. Aus meiner Sicht wird das noch viel zu wenig berücksichtigt und könnte man über vorhandene Gefässe relativ einfach Einfluss nehmen. Auf die Schnelle habe ich in drei Bereiche Einblick genommen.
- Energiestadt – Amriswil macht z.B gerne sichtbar, dass sie seit Oktober 2022 das Label «Energiestadt Gold» hat. Das Thema «Lichtverschmutzung» ist drin im Aktivitätenprogramm für die nächsten 4 Jahre (2024-2028) mit dem Punkt «Analyse zu Lichtverschmutzung und Betriebszeiten prüfen». Warum musste dieser Punkt nicht schon viel früher beachtet werden? Weder bisher noch in den aktuellen Aktivitätenprogrammen gibt es den Punkt «Bereiche mittels adressierbaren Leuchten zu Schaltgruppen zusammenfassen», «bedarfsgerechte Steuerung mit Zeitschaltprogrammen und Helligkeitssensoren»? Es wäre ideal, wenn über Anreize Gemeinden motiviert werden könnten, im Bereich Lichtimmissionen zielstrebig zu optimieren.
- GEAK: der Gebäudeausweis der Kantone, (nicht der Gebäudeausweis der politischen Gemeinden): Bei der Effizienz der Gebäudehülle wird die Qualität des Wärmeschutzes beurteilt. Warum gibt es nicht auch eine Qualität des Lichtschutzes? Warum verzichtet man darauf, das Thema «Aussenbeleuchtung» mit zu berücksichtigen? Es ist etwas vom Wichtigsten, dass z.Bsp. unnötig beleuchtete Gärten pragmatisch unterbunden werden. Mit einer Reglementsänderung könnte hier viel erreicht werden.
- Prokilowatt – Die Abteilung Energie des Kantons hat mich auf dieses Förderinstrument hingewiesen. Das ist ein nationales Förderinstrument. Unter dem Stichwort «Beleuchtung» werden acht Musterbeispiele gebracht. Und tatsächlich findet man im Programm für Sportanlagen den Hinweis: «Leuchten asymmetrisch, um die Lichtverschmutzung tief zu halten». Das ist aber auch der einzige Hinweis. Beim Projekt von Zermatt konnte im Perronbereich der Stromverbrauch um 70% reduziert werden. Inwiefern hat man das Thema «Lichtverschmutzung» beachtet? Bei Fenaco-Landi Läden investierte Prokilowatt 100'000.- für die Umrüstung auf neue Leuchtmittel. Wie sieht es hier mit der Aussenbeleuchtung aus?
- Energieeffizienz in Unternehmen ist der Punkt 7.2 im Förderprogramm Energie 2023 des Kantons Thurgau. Auch hier ist Optimierung der Lichtverschmutzung kein Beurteilungskriterium, sondern wird nur die eingesparte elektrische oder thermische Energie beachtet.
Die Gewichtung bei den Fördergeldern zeigt, dass das Thema «Lichtverschmutzung» bisher wenig beachtet wird. Geschätzte Regierung, deshalb bitte ich sie, gerade den Punkt «Fördergelder und Lichtverschmutzung» sorgfältig zu verfolgen. Versuchen Sie zumindest Einfluss zu nehmen, damit hier Reglemente angepasst werden. Es wäre toll, wenn Zückerli anstatt Peitschenhiebe eingesetzt werden könnten, um bei diesem sensiblen Thema eine Runde weiterzukommen.
Besten Dank für die Aufmerksamkeit
Christian Stricker
Kantonsrat EVP Thurgau