lösungsorientierte Klimastrategie

lösungsorientierte Klimastrategie 20. Dezember 2023

Sehr geehrter Herr Präsident, geschätzte Damen und Herren,

Ich stelle fest: Das Vorwort ist geprägt vom Portrait eines freundlich lächelnden Dominik Diezi’s. Anschliessend geht es dann aber relativ schnell zur Sache. «In der Klimapolitik braucht es ein entschlossenes Handeln aller Akteure». Ein Appell. «Weltweit steigt die Temperatur». «Gefahr», «Veränderung», «spürbare Auswrirkungen», «heisse Sommer», «Engpässe», «bei älteren und geschwächten Personen führen Hitzewellen zu häufigeren Erkrankungen und Todesfällen.»

Es ist nachvollziehbar, dass ernste Töne angeschlagen werden in Anbetracht der Herkulesaufgabe, vor der wir stehen. Dieser Einstieg im Vorwort wirkt aber als problemorientierte Herangehensweise. Auf meine Nachfrage, warum die Alten im Gegensatz zu den Jungen erwähnt sind im Vorwort, bekam ich die Antwort, bei den Jungen gehöre der Klimaschutz bereits zur Lebenseinstellung. Ist dem wirklich so? Teilweise sicher. Was aber schwer daherkommt, versuche ich möglichst bald wieder von mir zu wälzen. Nach einem nassen Herbst habe ich gute Gründe, den trockenen Sommer wieder möglichst weit weg zu drängen. Dass das Jahr 2023 zu den wärmsten gehört, vergesse ich in Anbetracht jener weniger Tage, in denen es wieder einmal wundervollen, weissen Schnee hatte.

Bitte vergesst nie: Mit Problemen erhasche ich Aufmerksamkeit. Mit Chancen gewinne ich Faszination. Es sind gerade die Jungen, die uns mit ihrer Faszination über Escape-Räume aufzeigen, dass eine Challenge unter hohem Zeitdruck echt faszinierend sein kann. Wo dank grossen Herausforderungen echte Zusammenarbeit gelingt, hat das in sich eine Schönheit und Kraft, die weit über das Überwinden der Herausforderung hinausträgt. Lernfreude und Forschen sind nicht nur elementar wichtig, um wirklich weiter zu kommen. Sie entsprechen auch den Grundgenen des Menschen. Wir sind per se kreative Schaffer und Schöpfer, Künstler und Tüftler. Wettbewerbsvorteile, die dank der Produktion der Energie vor Ort gewonnen werden, spürst du direkt im Portemonnaie.

Es ist bereits einige Zeit her, als mir ein Freund vorschwärmte, wie es ihnen als Bahnunternehmen gelingt, das Thema Klimawandel positiv zu nutzen. Bahnbetriebe brauchten sich bis vor Kurzem keine Sorgen zu machen bezüglich Energie. Strom hatte man einfach. Er wurde selber produziert, war günstig. Und sowieso: Grundsätzlich ist der öV auf der guten Seite. Und jetzt? Plötzlich bekam in diesem Betrieb eine Innovationsgruppe Raum für ihre Ideen, wurden sie ernst genommen. Sie bekamen Zugang bis in die Chefetagen. Echte Zusammenarbeit nicht nur gefordert als Floskel, sondern über Hierarchien hinweg. Dieses Unternehmen entdeckte, dass sich ja eigentlich ihre Perrondächer anbieten für Photovoltaikanlagen. Energie produzieren an einem Ort, der niemandem weh tut. Das Unternehmen hatte sogar Dächer auf verschiedenen Höhenlagen. Es wurde zu einem Sport, möglichst optimal ausgerichtete Dächer in möglichst nebelfreien Zonen zu finden um dort als erstes Photovoltaik-Anlagen zu montieren. Plötzlich kam in diesem Unternehmen das Thema «Energieeffizienz während der Fahrt» auf den Tisch. Die Lokomotivführer bekamen das Monitoring nicht nur alle vier Jahre, sondern die Rückmeldung direkt nach ihrer Fahrt. Es wurde sichtbar, wieviel Strom gespart werden kann durch massvolle Beschleunigung. Ein kleines Bonussystem brachte dem Lokomotivführer mit dem besonders feinen Händchen einen Quick-Win, den er zu Hause zeigen konnte. Es entwickelte sich eine gesunde Wettbewerbs-Kultur mit dem Ziel Ressourcen zu sparen, was immer die günstigste Massnahme bleiben wird. Das Arbeitsumfeld wurde plötzlich zum faszinierenden Forschungslabor. Da wurden dank echten Herausforderungen Menschen in einer guten Art und Weise gemeinsam aus der Reserve gelockt. Bis heute sehen ich diese begeisterten, strahlenden Augen vor mir, als mir dieser Freund von seiner Firma vorschwärmte.

Wo solche Erlebnisse auch aus der Thurgauer-Verwaltung hervorquellen, wird die Vorbildfunktion konkret und spürbar. Solche Erfahrungen, Erlebnisse, Geschichten sind nicht nur transparente und verständliche Kommunikation. Das ist vor allem auch nachhaltige Kommunikation. Da beginne ich ein Klima zu greifen, das weit weg ist von einer Spassgesellschaft und in sich doch total Freude macht.

Als Kanton sind wir bereits am Ball. Danke für die differenzierte Klimastrategie. Sie verdient unsere prägnante Zustimmung. Eine etwas lösungsorientiertere Herangehensweise wäre eine wertvolle und motivierende Ergänzung.

Christian Stricker
Kantonsrat EVP

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