Thur+ ein Konzept das es dringend umzusetzen gilt!

Thur+ ein Konzept das es dringend umzusetzen gilt! 7. Dezember 2022

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Geschätzte Damen und Herren des Regierungsrates, werte Kolleginnen und Kollegen, in der aktuellen Diskussion zeigen sich die typischen Gräben, wie sie bei Wasserbauprojekten oft bestehen. Gräben, die den Weg zu konstruktiven Lösungen erschweren und verlängern. Landwirtschaft versus Öko, klassische Zielkonflikte. Zwei Fragen da hinein:

  1. Worin besteht das Schadenspotential?
  • Wir haben Hans Eschenmoser gehört: «Das Wasser kommt. Das Wasser geht.» Was ist aber, wenn das Wasser für einmal eine Runde mehr kommt?
  • Haben wir eine Ahnung, was hinter den bis zu 573 Millionen Schäden steckt, mit denen im Fall eines Extremereignisses gerechnet werden müsse? (Bericht des Regierungsrates z.H. des GR S. 4)
  • Die Bilder des Hochwassers 1978, einem «häufigen bis seltenen» Hochwasserereignis mit einer statistischen Wiederkehrperiode von ca. 50 Jahren (Scherrer 2011), sind eindrücklich. Erzenholz: Wasser so weit das Auge reicht; Wyden bei Üsslingen, nur noch der Miststock der Siedlung schaut aus dem Wasser.Damals entstanden Schäden von ca. 30 Millionen Schaden. Wie ist es, wenn der Schaden 20mal grösser ist? Und was ist, wenn sich das Wetter nicht an die Statistik hält? Bei der Langete bei Huttwil kam es innert weniger Jahre zu mehreren Unwettern, die nur alle 100 Jahre auftreten «dürften».  
  • Grundwassser: Ein Fachmann, der sich regelmässig mit Naturgefahren auseinandersetzt, erklärte mir, dass im Falle eines Hochwassers der Grundwasserspiegel derart ansteigen könnte, dass die Druckverhältnisse sich unter Fundamentplatten verändern. Vorausschauende Liegenschaftsbesitzer im Einflussbereich von Thurhochwassern haben diesbezüglich bereits Massnahmen geprüft. Was ist aber mit all den anderen Gebäuden, die betroffen wären? Was ist wenn das Wasser nicht einfach geht, sondern viel mehr mitnimmt, als ihm zugesteht?
  • Es existiert kein Referenz-Hochwasser, das uns zeigen kann, was geschehen könnte. Wir wissen, dass die Siedlungen näher zur Thur hin gewachsen sind, dass die Dämme je länger je maroder sind und die Wahrscheinlichkeit und Intensität von Starkregen massiv zunimmt und weiter zunehmen wird.
  • Wir pokern hoch, wenn jetzt dieses dringende Geschäft zeitlich weiter hinausgeschoben wird. Wer ist bereit, die Verantwortung zu tragen, wenn es später heisst: Warum haben die nicht früher etwas gemacht?
  1. Ist Thur Plus einfach ein «Wasserbauprojekt»? Geht es nicht um viel mehr? (Sonja Wiesmann – «was kann gewonnen werden?»  
  • Hermann Hess lud vor 24 Tagen noch einmal ein zum Projekt «Open Thurgau»; Jemand sagte dabei: «Der Kanton Basel Stadt hat Basel, mit Münster, Chemiewerke und Läckerlihaus; der Kanton St.Gallen hat St.Gallen, mit grossen Olma-Gebäuden, Altstadt und HSG. Und was haben die Thurgauer – wir hätten die Thur! Können wir stolz sein auf die Thur?
  • Im national anerkannten Kanuführer «Paddelland Schweiz» gibt es auch das Revier «Sitter – Thur». Die Thurgauer Thur kommt dabei sehr schmal daher, wirkt langweilig, mühsam.
  • Im Detailbeschrieb gilt es nichts zu beschreiben zur Thurgauer Thur. Denn sie ist ein wassertechnisches Niemandsland. «Macht einen Bogen darum herum!»
  • Die Thur ist interessant bis Schwarzenbach. Sie ist wieder interessant ab Frauenfeld, dort, wo der Kanton Zürich angrenzt. Dazwischen ist sie zu 70% naturfern, verbaut, Blockverbauung an Blockverbauung, fragmentiert, breit, im Sommer tödlich warm. Dabei hätte sie ein enormes Potential:
    • Zum einen zur Vernetzung. Sie ist der Biodiversitäts-Vernetzungs-Faktor, der in unserem Kanton in einer einmaligen Art und Weise Ost und West verbindet. Mit zusätzlicher Struktur, grösserem Spielraum kann sie zu einem identitätsstiftenden Faktor werden.
    • «Ich lebe im Thurgau mit sechs lokalen Zentren, die je länger je besser vernetzt sind miteinander.
    • Ich bin in einem wirtschaftlich höchst interessanten Raum, der über innovative Firmen mit der ganzen Welt vernetzt ist.
    • Und mitten drin tragen wir der vernetzenden Thur Sorge und geben ihr den nötigen Raum!»
    • Zum zweiten zu Lebensräumen: Ich bewegte mich immer wieder in, an und auf der Thur. Sogar das Verlobungsbild stammt von den Ufern der Thur. Die intensivsten Erlebnisse stammen aber aus dem Kanton Zürich. Kennt ihr Gütighausen mit Zeltplatz, Tagestourismus und Erlebnisgastronomie auf dem Bauernhof? Dort bekommt man Einblick, was möglich wird, wenn die Bevölkerung Zugang bekommt zu Stellen mit Buhnen und Kolken. Wenn du dich dort mit der Taucherbrille absinken lässt, siehst du verschiedenste Fische, die tanzen zwischen Strömung und Kehrwasser. Oder besucht nächsten Mai mal den Rheinspitz am frühen Morgen, bevor die ersten Vögel zu pfeifen beginnen und erlebt das faszinierende Konzert eines intakten Auenwaldes!    
    • Solche Lebensräume wollen typisch sein für den Thurgau, in dem grundsätzlich erholsame Lebensräume und attraktive Arbeitsplätze nahe beieinanderliegen.

Deshalb lasst uns als Grosser Rat ein klares Zeichen setzen zu einem zäh aber erfolgreich errungenen Kompromiss, der auf beiden Seiten der Gräben so weit als möglich entgegenkam.

Besten Dank für die Aufmerksamkeit

Christian Stricker

Kantonsrat EVP

 

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