Votum zu Gesamtverkehr und Güterverkehrskonzept

Votum zu Gesamtverkehr und Güterverkehrskonzept 15. Juni 2022

Votum anlässlich der Grossrats-Sitzung vom 15. Juni 2022

Geschätzte Frau Präsidentin, Geschätzte Damen und Herrn des Regierungsrates, werte Kolleginnen und Kollegen,

Im Namen der Fraktion «Die Mitte / EVP» bedanke ich mich herzlich für die Überarbeitung des Konzeptes Gesamtverkehr und die Erarbeitung des Konzeptes Güterverkehr Phase I. Als ich einer Grossrätin einige Daten des Gesamtverkehrkonzeptes sichtbar machte, bedankte sie sich herzlich für die weiterführenden Informationen. «Wouw, das ist eine echte Hilfe!» Es war intensiv, sich in die über 300 Seiten einzulesen…  und absolut lohnenswert.

Und doch gibt es einen Stein des Anstosses, der seit der Veröffentlichung der Überarbeitung zusätzlich an Brisanz gewonnen hat.

Die Konzepte zeigen, dass das «Landei» Thurgau noch vor den Wellen mit Strom-Engpässen, Home-Office und gesteigerten Energiepreisen vom Kopf her entdeckt hat, dass es den Langsamverkehr zu beachten gilt. Dem Dreisäulenprinzip mit ÖV, MiV und LV wird oft Beachtung geschenkt. Auf der Front des Güterverkehrskonzeptes ist der Velofahrer mit dem Lastenvelo sogar das dynamischste Element der ganzen Seite. Die Entdeckung ist drauf und dran, in kleinen Schritten vom Kopf ins Herz zu rutschen. Es gibt Hoffnung, wenn das im direkten Gespräch zu erkennen ist. Gerne klammert man sich an solche … Strohhalme? Nein, es sind mehr als Stohhalme, es sind fein riechende, zum Teil bereits blühende Frühlingstriebe.

Und doch wünschen wir uns eine Zielstrebigkeit, eine Kreativität, einen Biss à la BTS/OLS, um in folgenden drei Bereichen einen Durchbruch zu erzielen: 1. beim Alltagsveloverkehr … das ist, wenn die Büezerin fröhlich pfeifend über sichere Wege zur Arbeit fährt). 2. bei Velovorrangrouten … das ist, wenn der Regierungsrat auf dem E-Bike zwischen Arbon und Frauenfeld den Kopf verlüften kann und 3. bei einem behördenverbindlichen Velowegnetz, bei dem Lösungsansätze direkt Betroffener kreativ mit integriert werden – im vollen Bewusstsein, dass eine Umsetzung wirklich schwierig und herausfordernd sein wird.

Dieses Konzept malt kein Bild eines Thurgaus, in dem jeden Morgen Pendlerströme per Velo, E-Bike, Trottinet auf leisen Sohlen, muskelbetrieben, günstig mit kleinen ökologischen Fusstritten nachhaltig an die Arbeits- und Ausbildungsstätten fliessen. In diesem Konzept dröhnen und donnern vor allem noch mehr Autos und Lastwagen durch den schönen, flachen Thurgau.

Es ist statistisch korrekt, die ständige Zunahme des Verkehrs festzustellen. Strategisch ist es aber fatal, wenn ich es verpasse, nur schon Weichen zu denken, um diese Entwicklung mit aller Konsequenz zu beeinflussen. Es müsste aufrütteln, dass sich der Modalsplit in die falsche Richtung bewegt. Wo ist der Thurgauer Löwe, der brüllt, weil seine Heimat immer lauter und schmutziger wird?

Oder, um es nach Diskussionen von heute morgen noch etwas anders zu sagen: Wenn im Konzpet von Cargo Sous Terrain geträumt wird, so spürt man den «I have a dream – spirit», der hofft, inspiriert vorwärtszieht… obwohl die Umsetzung sehr herausfordernd, komplex sein wird. Diesen Spirit schecke ich noch zu wenig, wenn es um ein Aufblühen, einen Turnaround beim Langsamverkehr geht.

Schade, denn grundsätzliche ist dieses Werk tiefgründig. Es erklärt sorgfältig, liefert inspirierende Daten und Grundlagen zugunsten der Abstimmung der Verkehrsträger untereinander. Danke! Das klärende Wording wird eine echte Hilfe sein, damit total unterschiedliche Player, die sich auf der Bühne des Verkehrs bewegen, von denselben Sachen, Projekten, Anliegen sprechen.

Die Diskussionen in der Kommission halfen, um gewisse Prioritäten besser einordnen zu können. So wurde es nachvollziehbar, dass es o.k. ist, dass an verschiedenen Orten die Verladestationen vom Bauern zur Bahn zurückgebaut wurden, da es ökologisch und wirtschaftlich sinnvoller ist, wenn in der Feinverteilung der Lastwagen und Traktor genutzt wird und erst ab einer gewissen Menge der Bahnverlad genutzt wird. 

Das Konzept ist summa summarum eine korrekte Bestandesaufnahme mit einem zu zahmen, zu inkonsequenten Blick nach vorne auf der Ebene Langsamverkehr. Als Fraktion Die Mitte / EVP hoffen wir, dass auf dem Boden dieser ernüchternder Daten mutige nächste Schritte gedacht, geplant und auch umgesetzt werden.

Besten Dank!

Christian Stricker
Kantonsrat EVP

#Verkehr