Waldgesetz - Streichungsantrag "befestigten"

Waldgesetz - Streichungsantrag "befestigten" 20. März 2024

Grosser Rat vom 20. März 2024, Votum in Zusammenhang mit dem Streichungsantrag zu Paragraph 37, Abs. 1, Ziff 2  im revidierten Waldgesetz

Sehr geehrter Herr Präsident,
geschätzte Kolleginnen und Kollegen,
werte Damen und Herren des Regierungsrates,

Der Antrag von Michèle Strähl in Paragraph 37 Abs. 1 Ziff 2 das Wort «befestigen» zu streichen, macht Sinn. Warum?

Es gibt Gratwanderungen, bei denen ich auf beiden Seiten vom Pferd fallen kann. Es ist entscheidend, den Waldbesitzern Sorge zu tragen. Der Druck auf den Wald nimmt laufend zu. Das hat mit einer grundlegend höheren Frequenz an Besuchern zu tun. Das Thema Littering treibt nach wie vor um. Und es hat auch mit der «besonders grossen Beliebtheit des Mountainbike-Sports» zu tun, wie es in der Botschaft des Regierungsrates zur Änderung des Waldgesetzes heisst.

Auf der anderen Seite der Gratwanderung sind Bikerinnen und Biker, die den Eindruck bekommen, dass sie einmal mehr aufgrund verschiedener Spannungen zum Blitzableiter gekürt werden.

Was gilt es in dieser Situation zu beachten?

  1. Lass uns das übergeordnete Recht wach wahrnehmen: Im Bundesgesetz über den Wald heisst es unter 3. Abschnitt Betreten und Befahren des Waldes, Artikel 14, Ziffer 1: «Die Kantone sorgen dafür, dass der Wald der Allgemeinheit zugänglich ist.» Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz kommt in einer Studie vom Juli 2016 zum Schluss, «im Rechtsalltag wird wohl weitgehend so entschieden, dass die Nutzung von Wanderwegen durch Mountainbikes zugelassen wird, wenn nicht ausdrückliche Verbote signalisiert sind.» Für mich kommt vom übergeordneten Recht her klar die Botschaft rüber: Steckt den Zaun nicht zu eng!
  2. Lass uns dort Nägel mit Köpfen machen, wo es wirklich brennt. Was uns umtreibt, das sind Hardcore-Biker, die wild, unkontrolliert, quer, rücksichtslos unterwegs sind. Was bewegt und auch immer wieder zitiert wird, das sind Trails, die ungefragt und ohne Rücksicht auf Verluste umgesetzt werden. Es nervt, irritiert, wenn die Natur beschädigt und Bodenbrüter aufgestört werden.
    Genau in diesem Punkt hilft es aber, wenn in der aktuellen Teilrevision des Waldgesetzes die Strafbestimmungen nur in einem beschränkten Ausmass verschärft werden.
    Wenn es im Paragraph 37 neu heisst: «Mit Busse wird bestraft, wer ohne Berechtigung abseits von Waldstrassen und Waldwegen fährt oder reitet», so kann das wie von Michèle Strähl sofort nach Inkraftsetzung des revidierten Waldgesetzes angewendet werden. Damit wird der Passus, dass die Inkraftsetzung von Paragraph 37 erst später erfolgt, überflüssig. Gerade in Anbetracht der offensichtlich gereizten Nerven ist es wichtig, hier nicht mehr lange warten zu müssen.
  3. Lasst uns wahrnehmen: Das Prinzip Lenken statt verbieten hat sich bei uns im Thurgau bewährt: Wir haben es fertig gebracht, dass direkt neben der meist befahrenen Veloroute Europas ruhige und beschauliche Wanderwege entlang des Sees weitgehend als reine Fusswege respektiert werden. Oder im Hudelmoos, einem Naturschutzgebiet des Oberthurgaus wurde vor Kurzem entschieden, dass ein Weg kein Weg mehr sein soll. Mit einfachen Massnahmen wurde der Einstieg verbarrikadiert und wurde den Besuchern, in diesem Fall Fussgängern, klar gemacht, dass der Weg nicht mehr zur Verfügung steht. Das Faszinierende an der Biosphäre Wald ist, dass solche Wege verblüffend schnell überwachsen werden. Wo ein Waldbesitzer ausdrücken will, dass ein Weg kein Weg ist, da hat er bewährte, einfache und zielführende Möglichkeiten.
  4. Die Biker haben eine echte Chance verdient. Nicht zuletzt die Teilrevision des Waldgesetzes hat dazu geführt, dass sich die Bikerinnen und Biker im Thurgau organisiert haben. In einem Verein werden bereits mehrere Hundert Personen  erreicht. Bereits erstellten sie einen Verhaltenskodex. Wir können ihnen entgegen kommen, indem die Strafbestimmungen nur in einem beschränkten Umfang verschärft werden. Wir können gemäss dem Motto «Vertrauen führt» versuchen, sie zu gewinnen, auf dass wir gemeinsam gegen Missbräuche vorgehen können.

Deshalb unterstütze ich den Antrag, das Wort befestigt zu streichen. 

Christian Stricker
Kantonsrat EVP

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